03.12.2020 | Biodiversität und Mensch, yDiv, iDiv-Mitglieder, Medienmitteilung, TOP NEWS

Macht biologische Vielfalt glücklich?

Auch die Blaumeise <em>(Parus caeruleus)</em> tr&auml;gt dazu bei: Laut Studie steigern zehn Prozent mehr Vogelarten im Umfeld das Gl&uuml;cksempfinden mindestens genauso stark steigern wie ein vergleichbarer Einkommenszuwachs. (Bild: Stefan Bernhardt)

Auch die Blaumeise (Parus caeruleus) trägt dazu bei: Laut Studie steigern zehn Prozent mehr Vogelarten im Umfeld das Glücksempfinden mindestens genauso stark steigern wie ein vergleichbarer Einkommenszuwachs. (Bild: Stefan Bernhardt)

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Studie zeigt: Zufriedenere Menschen finden sich oft in Umfeld mit vielen Vogelarten

Basiert auf einer Medienmitteilung von Senckenberg

Frankfurt, Leipzig, Kiel: Eine hohe biologische Vielfalt in der näheren Umgebung ist für die Lebenszufriedenheit genauso wichtig wie das Einkommen. Das berichten Wissenschaftler*innen von Senckenberg, des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Kiel aktuell in Ecological Economics. Sie haben erstmals europaweit gezeigt, dass die individuelle Lebenszufriedenheit mit der Vielfalt der Vogelarten im Umfeld korreliert. Zehn Prozent mehr Vogelarten im Umfeld steigern die Lebenszufriedenheit der Europäer*innen demnach mindestens genauso stark wie ein vergleichbarer Einkommenszuwachs. Naturschutz sei daher eine Investition in menschliches Wohlbefinden, so die Forscher.

Unter den gegenwärtigen Pandemie-Bedingungen sind Freizeitaktivität Bewegung in der Natur besonders beliebt. . Dass eine vielfältige Natur auch psychisch guttut, haben Studien bereits auf kleinräumigen Maßstab nachgewiesen. Wissenschaftler*innen der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, von iDiv und der Universität Kiel haben jetzt erstmals untersucht, ob eine vielfältige Natur auch europaweit das Wohlbefinden steigert. 

Die Forscher*innen ermittelten dazu auf Basis von Daten des „2012 European Quality of Life Survey“ bei mehr als 26.000 Erwachsenen aus 26 europäischen Ländern, wie die Artenvielfalt in ihrer Umgebung und ihre Lebenszufriedenheit zusammenhängen. Als Maßstab für die Artenvielfalt nutzten die Forscher*innen die Vielfalt der Vogelarten, dokumentiert im Europäischen Brutvogelatlas.

„Europäer*innen sind besonders zufrieden mit ihrem Leben, wenn in ihrem Umfeld eine hohe Artenvielfalt vorherrscht“, sagt der Erstautor der Studie, Joel Methorst, Doktorand am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum, am iDiv und der Goethe-Universität Frankfurt und fährt fort: „Die glücklichsten Europäer*innen sind unseren Ergebnissen zufolge diejenigen, die in ihrem tagtäglichen Leben viele verschiedene Vogelarten erleben können, oder die in einer naturnahen Umgebung leben, in der viele Arten beheimatet sind.“

Vögel eignen sich als Indiz für biologische Vielfalt, da sie – vor allem in Städten – zu den sichtbarsten Elementen der belebten Natur zählen. Zudem ist ihr Gesang häufig selbst dann zu hören, wenn der eigentliche Vogel nicht zu sehen ist. Doch auch ein zweiter Aspekt beeinflusst die Lebenszufriedenheit: die Umgebung. Besonders viele verschiedene Vogelarten gibt es nämlich dort, wo der Anteil an naturbelassenen und abwechslungsreichen Landschaften hoch ist und es viele Grünflächen und Gewässer gibt.

„Wir haben uns auch die sozioökonomischen Daten der Befragten angesehen und überraschenderweise festgestellt, dass für die individuelle Lebenszufriedenheit die Vogelvielfalt genauso wichtig ist wie das Einkommen“, erklärt Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese, Direktorin des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Professorin an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Mitglied von iDiv. Besonders deutlich zeigt sich dieses Ergebnis bei einem Anstieg beider Werte um zehn Prozent. Vierzehn Vogelarten mehr im Umfeld machen mindestens genauso zufrieden wie 124 Euro monatlich mehr auf dem Haushaltskonto, wenn man von einem durchschnittlichen Einkommen in Europa von 1237 Euro pro Monat ausgeht.

Eine vielfältige Natur spielt daher europaweit gemäß der Studie eine wichtige Rolle für das menschliche Wohlergehen – auch jenseits ihrer materiellen Leistungen. Gleichzeitig machen die Forscher*innen auch auf bevorstehende gesundheitliche Probleme aufmerksam. „Das Global Assessment 2019 des Weltbiodiversitätsrates IPBES und spezielle Studien zu Vogelarten in der europäischen Agrarlandschaft belegen eindrücklich, dass die biologische Vielfalt derzeit in einem dramatischen Maße schwindet. Es besteht daher die Gefahr, dass auch die Lebenszufriedenheit der Menschen bei einer verarmten Natur leidet. Naturschutz sichert deshalb nicht nur unsere materielle Lebensgrundlage, sondern ist auch eine Investition in unser aller Wohlbefinden“, gibt Methorst zu bedenken. 

Diese Forschungsarbeit wurde u.a. gefördert durch die DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft (FZT-118).

 

Originalpublikation:
(Wissenschaftler mit iDiv-Affiliation fett)

Methorst, J., Rehdanz, K., Mueller, T., Hansjürgens, B., Bonn, A., Böhning-Gaese, K. (2020): The importance of species diversity for human well-being in Europe. Ecological Economics, DOI: 10.1016/j.ecolecon.2020.106917

 

Ansprechpartner:

Joel Methorst
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Goethe-Universität Frankfurt
Tel.: 49 69 75421872
E-Mail: joel.methorst@senckenberg.de

 

Prof. Katrin Böhning-Gaese
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Goethe-Universität Frankfurt
Tel.: 069 7542 1821
E-Mail: katrin.boehning-gaese@senckenberg.de

 

Sebastian Tilch
Abteilung Medien und Kommunikation
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Tel.: +49 341 97 33197
E-Mail: sebastian.tilch@idiv.de
Web: www.idiv.de/de/media

 

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