Zehn ausgewählte Forschungsergebnisse

Weitere  Informationen über unsere Forschung sind auf unserer Seite zu Forschungsprojekten zu finden. Eine vollständige Publikationsliste seit Einrichtung der Forschungsgruppe am iDiv finden Sie unten auf dieser Seite nach der Top-Ten-Liste.

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Makroökologie, Makroevolution und Biogeografie: das Große Ganze

Unsere Studie zu 65 Arten der Vogelfamilie der Fliegenschnäpper (Muscicapidae) fand keinen Zusammenhang von Klimawandel mit der Geschwindigkeit evolutionärer Veränderung der klimatischen Nischen dieser Vögel über die letzten 17 Millionen Jahre: Kühlere Temperaturen hingen zwar mit schnelleren Veränderungen der Klimanischen zusammen, aber nur in Analysen mit einem von zwei verschiedenen Datensätzen zu Paläoklima-Rekonstruktionen: Eyres, A., J. T. Eronen, O. Hagen, K. Böhning-Gaese, S. A. Fritz (2021) Climatic effects on niche evolution in a passerine bird clade depend on paleoclimate reconstruction method. Evolution 75: 1046-1060.

Unsere vergleichende Studie über 500 ziehender und nicht ziehender Vogelarten belegte unterschiedliche Evolution von morphologischen Arteigenschaften in Zug- und Standvögeln, was auf die Existenz verschiedener evolutionsbiologischer Selektionsregimes sogar bei relativ nah verwandten Arten hinweist. So veränderte sich z.B. die Flügelform bei Zugvögeln in mehreren Abstammungslinien von fünf der acht untersuchten Vogelgruppen konsistent zu spitzeren Flügeln als bei Standvögeln, wohl weil spitzere Flügel einen geringeren Energieverbrauch für Langstreckenflüge verursachen: Phillips, A. G., T. Töpfer, K. Böhning-Gaese, S. A. Fritz (2018) Evidence for distinct evolutionary optima in the morphology of migratory and resident birds. Journal of Avian Biology 49: e01807.

Diese Studie gibt einen Überblick über den Einfluss von Geologie und Klima auf Biodiversität in Gebirgen und zeigte die Wirkung von Klima, topographischem Relief, unterschiedlichen Bodentypen und Erosionsraten auf die Anzahl von Landwirbeltierarten in Gebirgszügen weltweit: Antonelli, A., W. D. Kissling, S. G. A. Flantua, M. A. Bermúdez, A. Mulch, A. N. Muellner-Riehl, H. Kreft, H. P. Linder, C. Badgley, J. Fjeldså, S. A. Fritz, C. Rahbek, F. Herman, H. Hooghiemstra, C. Hoorn (2018) Geological and climatic influences on mountain biodiversity. Nature Geoscience 11: 718-725.

Wir identifizierten 11 zoogeographische Großregionen an Land weltweit, was den klassischen sechs Großregionen widerspricht, die durch A. R. Wallace im 19. Jahrhundert definiert und seither breit genutzt wurden. Dieser Widerspruch entstand, da unsere neueren Analysen auf Daten nicht nur zu den geographischen Verbreitungen von Arten, sondern auch zu ihrer phylogenetischen Verwandtschaft basierte (>21.000 Arten nicht-mariner Amphibien, Vögel und Säugetiere): Holt, B. G., J.-P. Lessard, M. K. Borregaard, S. A. Fritz, M. B. Araújo, D. Dimitrov, P.-H. Fabre, C. H. Graham, G. R. Graves, K. A. Jønsson, D. Nogués-Bravo, Z. Wang, R. J. Whittaker, J. Fjeldså, C. Rahbek (2013) An update of Wallace’s zoogeographic regions of the world. Science 339: 74-78.

 

Makroevolution und Paläobiologie der Säugetiere

Unsere Analyse eines umfassenden Fossilberichts für verschiedene Gruppen zeigte, dass die zeitlichen Veränderungen der Körpergröße von Säugetieren während des Neogens (vor etwa 23 bis 2 Millionen Jahren) sich nicht nur zwischen den beiden Kontinenten Nordamerika und Europa deutlich unterschieden, sondern auch zwischen verschiedenen Nahrungskategorien wie Fleisch- oder Pflanzenfressern: Huang, S., J. J. Saarinen, A. Eyres, J. T. Eronen & S. A. Fritz (2022) Mammalian body size evolution was shaped by habitat transitions as an indirect effect of climate change. Global Ecology and Biogeography 31: 2463-2474.

Unsere Studie stellte ein Konzept für zukünftige interdisziplinäre Untersuchungen der Effekte von Gebirgsbildung und Klimawandel auf Biodiversität über lange evolutionäre Zeitskalen vor und belegte in einer Fallstudie, dass der Beginn der tektonischen Hebung des Zentralanatolischen Plateaus in der heutigen Türkei vor ca. 11 Millionen Jahren zeitlich mit starken regionalen Veränderungen in der Zusammensetzung an Säugetierarten zusammenfällt: Huang, S., M. J. M. Meijers, A. Eyres, A. Mulch, S. A. Fritz (2019) Unravelling the history of biodiversity in mountain ranges through integrating geology and biogeography. Journal of Biogeography 46: 1777-1791.

Diese Studie zeigte einen signifikanten Zusammenhang der fossilen Säugetierdiversität mit der Primärproduktion von Biomasse durch Pflanzen. Dieser Zusammenhang bestand während des gesamten Neogens (vor ca. 23 bis 1,8 Millionen Jahren), veränderte sich aber grundlegend bis heute, da viele Großsäuger während und seit der Eiszeit ausstarben und der Mensch heute einen Großteil der pflanzlichen Primärproduktion für sich beansprucht: Fritz, S. A., J. T. Eronen, J. Schnitzler, C. Hof, C. M. Janis, A. Mulch, K. Böhning-Gaese, C. H. Graham (2016) Twenty-million-year relationship between mammalian diversity and primary productivity. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 113: 10908-10913.

 

Biodiversität in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – Makroökologie und Naturschutz

Unsere Studie zeigte globale Konflikte und Widersprüche zwischen zahlreichen existierenden Zielsetzungen für die Natur in Schutzgebieten, z.B. Biodiversitätsschutz, Verfügbarkeit von Ökosystemleistungen und Risikominderung bei Klimawandel. Zusätzlich stellten wir ein flexibles und transparentes Werkzeug vor, das eine Gewichtung und Priorisierung unterschiedlicher Ziele sowie sofortige Vergleiche der Auswirkungen dieser Zielsetzungen erlaubt: Voskamp, A., S. A. Fritz, V. Köcke, M. F. Biber, T. Nogueira Brockmeyer, B. Bertzky, M. Forrest, A. Goldstein, S. Henderson, T. Hickler, C. Hof, T. Kastner, S. Lang, P. Manning, M. B. Mascia, I. R. McFadden, A. Niamir, M. Noon, B. O’Donnell, M. Opel, G. Schwede, P. West, C. Schenck, K. Böhning-Gaese (2023) Utilizing multi-objective decision support tools for protected area selection. One Earth 6: 1143-1156.

Diese Modellierungsstudie untersuchte die möglichen Auswirkungen des aktuellen Klimawandels auf die Zusammensetzung lokaler Vogelgemeinschaften, spezifisch auf phylogenetische Diversität, d.h. die evolutionäre Verwandtschaft (oder Einzigartigkeit) von Arten an einem Ort. Wir konnten zeigen, dass klimabedingte lokale Artenverluste und insbesondere -gewinne global zu tiefgreifender phylogenetischer Umstrukturierung der lokalen Zusammensetzung führen, auch an Orten, an denen keine Veränderung der Artenzahl vorhergesagt wird: Voskamp, A., C. Hof, M. F. Biber, K. Böhning-Gaese, T. Hickler, A. Niamir, S. G. Willis & S. A. Fritz (2022) Projected climate change impacts on the phylogenetic diversity of the world’s terrestrial birds: more than species numbers. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences 289: 20212184.

Anhand fruchtfressender Vögel entlang eines Höhengradienten in den Anden prüften wir die Beziehung zwischen der Klimatoleranz von Arten und ihrer ökologischen Anpassungsfähigkeit. Während die Breite der Klimanischen von Arten mit der Höhe zunahm, nahmen die anhand von Artmerkmalen gemessene Ausbreitungsfähigkeit und Breite der Nahrungsnischen mit der Höhe ab, was zu unterschiedlichen Reaktionen von Tiefland- und Hochlandgemeinschaften auf zukünftigen Klimawandel führen sollte: Nowak, L., M. Schleuning, I. M. A. Bender, W. D. Kissling & S. A. Fritz (2022) Independent variation of avian sensitivity to climate change and trait-based adaptive capacity along a tropical elevational gradient. Diversity and Distributions 28: 1123-1135.