24.04.2015 | Medienmitteilung, Experimentelle Interaktionsökologie

Artenvielfalt schützt das Klima

Versuchsflächen des auf Merkmalen basierenden Biodiversitätsexperiments, errichtet im Jahr 2010 im Rahmen des Jena Experiments.

Versuchsflächen des auf Merkmalen basierenden Biodiversitätsexperiments, errichtet im Jahr 2010 im Rahmen des Jena Experiments.

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In Lebensräumen mit einer großen pflanzlichen Biodiversität wird mehr Kohlenstoff gespeichert, weil die Bodenmikroben darin aktiver sind. Artenvielfalt in der Flora senkt den Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre: Pflanzen entziehen der Luft Kohlendioxid und bauen den Kohlenstoff in Biomasse ein, mit der er in den Boden gelangen und gespeichert werden kann. Eine Langzeitstudie zeigt nun erstmals, wie die biologische Vielfalt der Pflanzen diese Speicherung begünstigt. Demnach erhöht Artenreichtum nicht nur die Bildung pflanzlicher Biomasse, sondern steigert auch die Aktivität und genetische Vielfalt von Bodenmikro-organismen. Diese wandeln den Kohlenstoff aus Pflanzen vermehrt in organische Bodensubstanz um. Kohlenstoff wird so länger im Boden gebunden und nachhaltig der Atmosphäre entzogen, wo er ansonsten als Bestandteil von Treibhausgasen klimaschädlich wirkt. An der Studie des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena war ein internationales Forscherteam beteiligt, dem auch Prof. Nico Eisenhauer vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) angehört. Die Vielzahl unterschiedlicher Arten in einem Ökosystem erfreut nicht nur den Naturliebhaber. Sie hält das jeweilige Ökosystem auch stabil und bestimmt dessen Eigenschaften und Funktionen in und mit der Umgebung. So spielen Ökosysteme, in denen Pflanzen dominieren, eine zentrale Rolle im globalen Kohlenstoff-Kreislauf: Durch Photosynthese wandeln Gräser, Bäume und andere Gewächse atmosphärisches Kohlendioxid in pflanzliche Biomasse um. Der Kohlenstoff, den sie auf diese Weise binden, gelangt dann, über Pflanzenreste oder Wurzelausscheidungen, als organische Substanz weiter in den Boden und kann dort gespeichert werden. Dass eine große Pflanzenvielfalt die Speicherung im Boden fördert, belegten exemplarisch bereits frühere Studien; der Mechanismus dahinter war bisher aber unklar. Warum Ökosysteme mit großem Artenreichtum mehr Kohlenstoff binden als solche mit geringer Diversität, untersuchte ein internationales Forscherteam um Prof. Gerd Gleixner und Dr. Markus Lange, die beide am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena forschen, auf den Versuchsflächen des „Jena Experiments“. In diesem Langzeitexperiment, das die Max-Planck-Forscher gemeinsam mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena betreiben, untersuchen Wissenschaftler den Einfluss der Biodiversität unter anderem auf Stoffflüsse in der Natur. Das Forscherteam verglich nun Wiesenflächen unterschiedlicher Artenvielfalt miteinander, die über neun Jahre lang gleichen Umweltbedingungen ausgesetzt waren. Die Wissenschaftler erkannten, dass artenreiche Wiesen im Gegensatz zu artenarmen den Mikroorganismen im Boden mehr Nahrung und Rohstoffe zur Verfügung stellen und gleichzeitig günstigere Umweltbedingungen bieten. Auch der Mechanismus, der einer erhöhten Kohlenstoffspeicherung in artenreichen Pflanzengemeinschaften zu Grunde liegt, konnte von den Experten identifiziert werden. „Höhere Mengen an Wurzelausscheidungen unterstützen eine vielfältige und aktive mikrobielle Gemeinschaft im Boden, welche Pflanzenstoffe in mikrobielle Produkte umwandeln, die dann im Boden angereichert werden“, erklärt Prof. Nico Eisenhauer, Mitautor der Studie. Die erhöhte mikrobielle Aktivität führte unerwarteter Weise jedoch nicht zum Verlust Kohlenstoff-haltiger Substanz im Boden, es fand also kein verstärkter Abbau statt. Im Gegenteil, die mikrobielle Gemeinschaft fügte dem Boden mehr Kohlenstoff hinzu, weil sie mehr pflanzliche Biomasse umwandelte. „Der Stoffwechsel der Mikroorganismen scheint bei hoher Biodiversität zugunsten des Stoffaufbaus verschoben zu sein“, interpretiert Lange den Befund. Hinzu kommt, dass dieser „mikrobielle“ Kohlenstoff länger im Boden gespeichert wird, wie sowohl die Altersbestimmung der Kohlenstoffmoleküle im Boden anhand natürlicher Isotope als auch die Modellierung des Kohlenstoffflusses ergaben. Die Studie zeigt damit erstmalig, dass eine hohe Pflanzen-Diversität zu einer längerfristigen Kohlenstoffspeicherung im Boden führt, weil sie eine vielfältigere Zusammensetzung und größere Aktivität der mikrobiellen Gemeinschaft zur Folge hat. Global betrachtet sind pflanzenreiche Ökosysteme besonders wichtig, um Kohlendioxid aus der Luft zu speichern, welches ansonsten als Treibhausgas die Erderwärmung fördert. Deren Biodiversität wird jedoch durch den Klimawandel und die zunehmende Nutzung der Landflächen stetig verringert, bis hin zum globalen Rückgang und dem Verlust von Arten. „Unsere Erkenntnisse unterstreichen daher einmal mehr die Bedeutung der Biodiversität für wichtige Ökosystemfunktionen wie die Kohlenstoffspeicherung“, sagt Prof. Gerd Gleixner, Leiter der Studie. „Der Erhalt einer hohen biologischen Vielfalt wirkt letztlich der zunehmenden Anreicherung des Treibhausgases Kohlendioxid in der Atmosphäre, und somit dem Klimawandel, nachhaltig entgegen.“ Publikation:
Plant diversity increases soil microbial activity and soil carbon storageMarkus Lange, Nico Eisenhauer, Carlos A. Sierra, Holger Bessler, Christoph Engels, Robert I. Griffiths, Perla G. Mellado-Vázquez, Ashish Malik, Jacques Roy, Stefan Scheu, Sibylle Steinbeiss, Bruce C. Thomson, Susan E. Trumbore, Gerd Gleixner. Nature Communications. DOI: 10.1038/ncomms7707 Kontakt:
Prof. Dr. Nico Eisenhauer
Deutsches Zentrum für Integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Telefon: 0341 – 97 33167
E-Mail: nico.eisenhauer@idiv.de Prof. Dr. Gerd Gleixner
Max-Planck-Institut für Biogeochemie/ Jena       
Telefon: 03641– 576172
E-Mail: gerd.gleixner@bgc-jena.mpg.de Dr. Markus Lange
Abteilung Biogeochemische Prozesse
Max-Planck-Institut für Biogeochemie/Jena
Telefon: 03641– 576168
E-Mail: mlange@bgc-jena.mpg.de
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