09.12.2021 | Medienmitteilung, sDiv, TOP NEWS, Biodiversitätsökonomik

Tropische Wälder wieder wachsen lassen

Relativ junger Sekundärwald in Costa Rica mit ähnlich großen, schlanken Stämmen und entsprechend geringer Strukturvielfalt. (Bild: Robin Chazdon)

Relativ junger Sekundärwald in Costa Rica mit ähnlich großen, schlanken Stämmen und entsprechend geringer Strukturvielfalt. (Bild: Robin Chazdon)

Erholung der tropischen W&auml;lder auf aufgegebenen landwirtschaftlichen Fl&auml;chen im Laufe der Zeit, aufgeteilt auf vier Gruppen von Waldmerkmalen, die sich auf den Boden, die Funktion des &Ouml;kosystems (Bl&auml;tter), die Waldstruktur (B&auml;ume) und die Artenvielfalt (Bl&uuml;ten) beziehen. Der durchschnittliche Prozentsatz der Erholung (im Vergleich zu alten W&auml;ldern) nach 20, 40, 80 und 120 Jahren ist f&uuml;r jedes Waldmerkmal und f&uuml;r die vier Merkmalsgruppen zusammen (horizontale Linien) angegeben.<br />Es werden vier Gruppen von Waldeigenschaften gezeigt, die sich auf den Boden, die Funktion des &Ouml;kosystems (Bl&auml;tter), die Waldstruktur (B&auml;ume) und die Artenvielfalt (Bl&uuml;ten) beziehen. Der durchschnittliche Prozentsatz der Erholung (im Vergleich zu alten W&auml;ldern) nach 20, 40, 80 und 120 Jahren ist f&uuml;r jedes Waldmerkmal (%) und f&uuml;r die vier Merkmalsgruppen zusammen (horizontale Linien) angegeben.<br />Die Attribute waren B&ouml;den ( Materialst&auml;rke, Kohlenstoff und Stickstoff), &Ouml;kosystemfunktionen (Stickstofffixierer in der Gemeinschaft, Holzdichte und spezifische Blattfl&auml;che), Waldstruktur (oberirdische Biomasse, maximaler Baumdurchmesser und strukturelle Heterogenit&auml;t) sowie Vielfalt und Zusammensetzung. (Bild: Erik Flokstra, Pixels&inkt)

Erholung der tropischen Wälder auf aufgegebenen landwirtschaftlichen Flächen im Laufe der Zeit, aufgeteilt auf vier Gruppen von Waldmerkmalen, die sich auf den Boden, die Funktion des Ökosystems (Blätter), die Waldstruktur (Bäume) und die Artenvielfalt (Blüten) beziehen. Der durchschnittliche Prozentsatz der Erholung (im Vergleich zu alten Wäldern) nach 20, 40, 80 und 120 Jahren ist für jedes Waldmerkmal und für die vier Merkmalsgruppen zusammen (horizontale Linien) angegeben.
Es werden vier Gruppen von Waldeigenschaften gezeigt, die sich auf den Boden, die Funktion des Ökosystems (Blätter), die Waldstruktur (Bäume) und die Artenvielfalt (Blüten) beziehen. Der durchschnittliche Prozentsatz der Erholung (im Vergleich zu alten Wäldern) nach 20, 40, 80 und 120 Jahren ist für jedes Waldmerkmal (%) und für die vier Merkmalsgruppen zusammen (horizontale Linien) angegeben.
Die Attribute waren Böden ( Materialstärke, Kohlenstoff und Stickstoff), Ökosystemfunktionen (Stickstofffixierer in der Gemeinschaft, Holzdichte und spezifische Blattfläche), Waldstruktur (oberirdische Biomasse, maximaler Baumdurchmesser und strukturelle Heterogenität) sowie Vielfalt und Zusammensetzung. (Bild: Erik Flokstra, Pixels&inkt)

Hinweis für die Medien: Die von iDiv bereitgestellten Bilder dürfen ausschließlich für die Berichterstattung im Zusammenhang mit dieser Medienmitteilung und unter Angabe des/der Urhebers/in verwendet werden.

Die natürliche Regeneration von Tropenwäldern bietet kurzfristig große Vorteile für den Klimaschutz und die Erhaltung der biologischen Vielfalt

Basierend auf einer Medienmitteilung der Universität Wageningen

Wageningen/Leipzig. Tropenwälder verschwinden in alarmierendem Tempo durch Abholzung. Aber sie haben auch das Potenzial, auf verlassenen Flächen natürlich nachzuwachsen. Eine Studie, die diese Woche in Science veröffentlicht wurde, zeigt, dass sich nachwachsende Tropenwälder erstaunlich schnell erholen. Nach 20 Jahren haben sie im Durchschnitt fast 80 % der für Primärwälder charakteristischen Merkmale wiedererlangt. Dies gilt etwa für die Fruchtbarkeit und Kohlenstoffbindung des Bodens, die Baumvielfalt und die Waldstruktur. Die von der Universität Wageningen mit Unterstützung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) durchgeführte Studie kommt zu dem Schluss, dass natürliche Regeneration eine kostengünstige, naturbasierte Lösung für den Klimaschutz, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Wiederherstellung von Ökosystemen darstellt. 

Das internationale Team von Tropenökologinnen und –ökologen untersuchte anhand von 77 Landschaften und mehr als 2.200 Waldparzellen im tropischen Amerika und Westafrika, wie sich zwölf Waldeigenschaften? während des natürlichen Prozesses der Waldregeneration/sukzession erholen und wie ihre Erholung miteinander zusammenhängt.

Erstautor Prof. Lourens Poorter von der Universität Wageningen sagt: „Es ist zwar wichtig, alte Wälder aktiv zu schützen und die weitere Abholzung zu stoppen. Aber tropische Wälder haben das Potenzial, in bereits abgeholzten Gebieten auf aufgegebenem Land auf natürliche Weise nachzuwachsen. Diese nachwachsenden Wälder bedecken riesige Flächen und können zu den lokalen und globalen Zielen für die Renaturierung von Ökosystemen beitragen. Sie sind von unschätzbarem Wert für den Klimaschutz, die Anpassung an den Klimawandel, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und erbringen viele andere Leistungen für die Menschen vor Ort, wie z. B. Wasser, Brennstoff, Holz und Nichtholzprodukte aus dem Wald.“

Die Forscher fanden heraus, dass sich diese Sekundärwälder erstaunlich schnell erholen, was darauf hindeutet, dass die Regeneration natürlicher Tropenwälder kurzfristig große Vorteile bringen kann. Allerdings unterscheidet sich die Geschwindigkeit der Erholung je nach Waldeigenschaft stark: Die Erholung auf 90 % der Werte alter Wälder verläuft am schnellsten bei der Bodenfruchtbarkeit (unter 10 Jahre) und bei den funktionellen Merkmalen der Baumarten wie etwa die Holzdichte und Stickstoffbindung (unter 25 Jahre), mittelschnell bei Struktur und Artenvielfalt (25-60 Jahre) und am langsamsten bei der oberirdischen Biomasse und der Artenzusammensetzung (über 120 Jahre).

Der Zweitautor Dr. Dylan Craven, ehemaliger Forscher am iDiv und am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), der jetzt an der Universidad Mayor in Chile tätig ist, sagt: „Wir haben untersucht, wie die Erholung der verschiedenen Waldeigenschaften? miteinander zusammenhängt. Es zeigte sich?, dass die maximale Baumgröße, die Heterogenität der Waldstruktur und die Anzahl an Baumarten robuste Indikatoren für die Erholung mehrerer Waldeigenschaften sind. Diese drei Indikatoren sind relativ leicht zu messen und können zur Überwachung der Waldregeneration verwendet werden. Mit Hilfe der Fernerkundung lassen sich Baumgrößen und Waldstruktur bereits jetzt über große Flächen und Zeiträume hinweg überwachen.“

Sekundärwälder sind Wälder, die auf natürliche Weise nachwachsen, nachdem die ursprünglichen Wälder fast vollständig abgeholzt wurden – in der Regel für Wanderfeldbau, konventionellen Ackerbau oder Viehzucht. Im tropischen Lateinamerika bedecken Sekundärwälder bis zu 28 % der Landfläche.

„Angesichts der lokalen und globalen Bedeutung der Sekundärwälder und ihrer raschen Erholung nach 20 Jahren befürworten wir die (unterstützte) natürliche Regeneration als kostengünstige, naturbasierte Lösung um die Ziele der nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs), der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen (2020-2030), des UN-Klimaabkommens und des Übereinkommens über die biologische Vielfalt zu erreichen.“, sagt Mitautorin Dr. Nadja Rüger von iDiv und der Universität Leipzig.

Letztautor Dr. Bruno Hérault, vom CIRAD/Elfenbeinküste, fügt hinzu: „Es gibt jedoch kein Patentrezept für die Renaturierung, und es kann eine Mischung aus natürlicher und aktiver Renaturierung erforderlich sein. Es gibt ein ganzes Spektrum von Lösungen, von natürlicher Regeneration, unterstützter natürlicher Regeneration, Agroforstwirtschaft bis hin zu Plantagen. Die optimale Lösung hängt von den örtlichen Standortbedingungen, den Menschen vor Ort und ihren Bedürfnissen ab. Mit einer solchen Mischung von Ansätzen können wir natürlichere, artenreichere und widerstandsfähigere Landschaften schaffen.“

Die Studie wurde unter anderem durch den European Research Council Advanced Grant PANTROP und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG; FZT-118) finanziert. Sie ist ein Produkt der sDiv-Arbeitsgruppe sUCCESS. Das iDiv-Synthesezentrum sDiv unterstützt Arbeitsgruppentreffen, bei denen Forschende aus der ganzen Welt gemeinsam an wissenschaftlichen Fragestellungen arbeiten.

 

Originalpublikation:
(Forschende mit iDiv-Affiliation und Alumni fett gesetzt)

Lourens Poorter, Dylan Craven, Catarina C. Jakovac, Masha T. van der Sande, Lucy Amissah, Frans Bongers, Robin L. Chazdon, Caroline E. Farrior, Stephan Kambach, Jorge A. Meave, Rodrigo Muñoz, Natalia Norden, Nadja Rüger, Michiel van Breugel, Angélica María Almeyda Zambrano, Bienvenu Amani, José Luis Andrade, Pedro H.S. Brancalion, Eben N. Broadbent, Hubert de Foresta, Daisy H. Dent, Géraldine Derroire, Saara J. DeWalt, Juan M. Dupuy, Sandra M. Durán, Alfredo C. Fantini, Bryan Finegan, Alma Hernández-Jaramillo, José Luis Hernández-Stefanoni, Peter Hietz, André B. Junqueira, Justin Kassi N'dja, Susan G. Letcher, Madelon Lohbeck, René López-Camacho, Miguel Martínez-Ramos, Felipe P. L. Melo, Francisco Mora, Sandra C. Müller, Anny E. N'Guessan, Florian Oberleitner, Edgar Ortiz-Malavassi, Eduardo A. Pérez-García, Bruno X. Pinho, Daniel Piotto, Jennifer S. Powers, Susana Rodríguez-Buriticá, Danaë M.A. Rozendaal, Jorge Ruíz, Marcelo Tabarelli, Heitor Mancini Teixeira, Everardo Valadares de Sá Barretto Sampaio, Hans van der Wal, Pedro M. Villa, Geraldo W. Fernandes, Braulio A. Santos, José Aguilar-Cano, Jarcilene S. de Almeida-Cortez, Esteban Alvarez-Davila, Felipe Arreola-Villa, Patricia Balvanera, Justin M. Becknell, George A.L. Cabral, Carolina Castellanos-Castro, Ben H.J. de Jong, Jhon Edison Nieto, Mário M. Espírito-Santo, Maria C. Fandino, Hernando García, Daniel García-Villalobos, Jefferson S. Hall, Alvaro Idárraga, Jaider Jiménez-Montoya, Deborah Kennard, Erika Marín-Spiotta, Rita Mesquita, Yule R.F. Nunes, Susana Ochoa-Gaona, Marielos Peña-Claros, Nathalia Pérez-Cárdenas, Jorge Rodríguez-Velázquez, Lucía Sanaphre-Villanueva, Naomi B. Schwartz, Marc K. Steininger, Maria D.M. Veloso, Henricus F.M. Vester, Ima C.G. Vieira, G. Bruce Williamson, Kátia Zanini & Bruno Hérault (2021): Multi-dimensional tropical forest recovery, Science, DOI: 10.1126/science.abh3629

 

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Lourens Poorter
Universität Wageningen, Niederlande
Tel.: +31 317 486216
E-Mail: Lourens.Poorter@wur.nl

 

Dr. Nadja Rüger
Nachwuchs-Forschungsgruppenleiterin 'Waldökologie und -modellierung'
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Tel.: +49 341 9733168
E-Mail: nadja.rueger@idiv.de
Web: www.idiv.de/de/gruppen_und_personen/mitarbeiterinnen/mitarbeiterdetails/eshow/rueger_nadja.html

 

Sebastian Tilch
Abteilung Medien und Kommunikation
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Tel.: +49 341 97 33197
E-Mail: sebastian.tilch@idiv.de
Web: www.idiv.de/medien

 

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